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Abgeschlossene Forschungsprojekte

Diese Seite gibt einen Überblick über Forschungsprojekte, die an unserem Institut durchgeführt wurden und mittlerweile abgeschlossen sind. Wenn Sie auf die Titel klicken, erhalten Sie weitere Informationen:

gefördert durch die Gerda Henkel Stiftung

Projektmitarbeiter:
Prof. Dr. Christian TagsoldKonstantin Plett, M.A.

In Düsseldorf sowie in den umherliegenden Städten leben ca. 8.000 Japanerinnen und Japaner, davon rund 5.500 in der Landeshauptstadt selbst. Der japanische Diasporastandort Düsseldorf war (damit) bis zu den 1990er Jahren der größte in Europa und ist heute immer noch der drittgrößte nach London und Paris. Anders als in London und Paris hat sich im Falle Düsseldorfs allerdings durch die vielen japanischen Institutionen und Geschäfte, wie dem Generalkonsulat, dem Japanischen Club e.V., der japanischen Schule oder den zahlreichen japanischen Restaurants eine sehr sichtbare und prägende Infrastruktur herausgebildet. Manche sprechen sogar von Klein-Tokyo am Rhein.

Der japanische Diasporastandort entstand in den 1950er-60er Jahren, als Unternehmen im Zuge von Japans Internationalisierungsstrategien begannen, global zu expandieren und in Europa Niederlassungen einzurichten. Diese Unternehmen entsandten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für ihre temporären Aufenthalte von meist drei bis fünf Jahren ihre Familien mitnahmen. In NRW haben sich insgesamt ca. 500 japanische Unternehmen angesiedelt, in Düsseldorf selbst ungefähr 400. Düsseldorf war damals die Hauptstadt des wirtschaftlich stärksten Bundeslandes in Westdeutschland und galt als der "Schreibtisch des Ruhrgebiets". Auch der nahe Duisburger Hafen und die Nähe zur Bundeshauptstadt Bonn waren vermutlich Argumente für die japanischen Unternehmen, sich hier anzusiedeln. Doch trotz plausibler Theorien ist bis heute eigentllich unklar, warum genau die japanischen Unternehmen Düsseldorf als Standort wählten und wie die weitere Entwicklung der Verdichtung verlief.

Das Forschungsprojekt setzt hier an, indem es den wirtschaftshistorischen Kontext aufarbeitet. Auf theoretischer Ebene knüpft das Projekt sowohl an wirtschaftshistorische Forschungen als auch solche zur Diaspora an. Damit werden zwei Ansätze vereint, die bislang meist getrennt gedacht wurden: Die Diasporaforschung war oft blind gegenüber der Verflechtungen von Diasporen mit wirtschaftlichen Entwicklungen. Die Wirtschaftsforschung wiederum hat bisher entweder großräumiger argumentiert oder nur einzelne Unternehmensgeschichten in den Fokus gestellt, aber sich wenig mit Fallstudien zu einzelnen Wirtschaftsstandorten von ausländischen Unternehmen in der globalisierten Welt beschäftigt.

Das Projekt zeigt konkret, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung und das Entstehen einer japanischen Infrastruktur wechselseitig verstärken: Erst ließen sich die Unternehmen nieder und als Folge entstand der Diasporastandort mit seinen Institutionen und Geschäften. Diese diasporischen Strukturen wiederum zogen weitere Unternehmen nach Düsseldorf. Insgesamt kann das Projekt somit auch theoretische Grundlage schaffen, um neuere Wirtschaftsstandorte, wie chinesische oder indische in Europa besser erklären zu können.

Das Projekt wird von der Gerda Henkel Stiftung über drei Jahre gefördert. Konstantin Plett führt im Rahmen einer Doktorarbeit wesentliche Teile der Forschung durch.

Ein von der DFG gefördertes Forschungsprojekt (TA 1103/2-1)

Ch. Tagsold, N. Dahl

Die Idee des japanischen Gartens ist ein Produkt der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Durch Gärten auf Weltausstellungen und einen sowohl von Europäern und Nordamerikanern als auch Japanern selbst geführten Diskurs über Gärten in Japan entstand im Wechselspiel zwischen diesen westlichen Fremdzuschreibungen und nationaler Selbstrepräsentation die Vorstellung eines nationalen Stils. Als Folge wurde es in Nordamerika und Europa modisch, japanische Gärten anzulegen. Die Idee des japanischen Garten wurde in den 1930er Jahren um das Element "Zen-Buddhismus" als Erklärung der symbolischen Wirkung dieser Räume ergänzt. Die Forschung der letzten zwei Jahrzehnte hat diesen Prozess der kulturellen Übersetzung zwischen dem Westen und Japan klar herausarbeiten können. 

Während also Diskurs und japanische Gärten im Ausland inzwischen gut analysiert worden sind, ist die Entwicklung des Gartendesigns in Japan selbst in diesem Zeitraum deutlich weniger erforscht. Die neu angelegten Gärten speziell zwischen 1890 und 1930 bilden aber das Gegenstück im Übersetzungsprozess - sie sind nicht unabhängig von den bereits erforschten Prozessen entstanden. Vor allem private Gärten reicher Industrieller, Politiker oder Künstler wurden nach neuen Vorstellungen errichtet. Bemerkenswert ist, dass diese Gärten von Gartenwissenschaftlern in Japan lange gar nicht als japanisch anerkannt wurden, sondern bestenfalls als ekklektisch galten. In den letzten Jahrzehnten sind jedoch viele dieser Gärten zu nationalen Denmälern erklärt worden und werden in diesem Zusammenhang inzwischen als klar japanisch kategorisiert. 

Das Projekt untersucht an fünf ausgewählten Beispielgärten, wie es dazu kam. Dazu sind die vier Ebenen bedeutsam: 1. Errichtungskontext; 2. frühe Rezeption der Gärten in der (Fach-)Presse; 3. Diskussionen um die Erhaltung in den 1970er Jahren mit der Folge der Aufnahme in Denkmallisten und schließlich 4. die weitere Pflege, Verwendung und Japanisierung der Gärten. So lässt sich zeigen, wann die Kategorisierung als "japanische Gärten" aufkam und wie dieses Argument in die Diskussion eingeführt wurde sowie dort Geltung erlangte. Deutlich wird darüber hinaus die Verbindung zu anderen Diskursfeldern, die für die nationale Selbstbestimmung in Japan zentral sind. Die Fragen der Natur und der besonderen Liebe der Japaner zur Natur spielen hier eine wichtige Rolle. Über die Gärten lässt sich zeigen, dass diese den nihonjinron (Japanertheorien) entlehnte Verwendung von Natur in den Diskussionen um die Gärten erst langsam übernommen wurde und in Konkurrenz zu einem eher durch die westlichen Naturschutzdiskurse beeinflussten Argumentationsmuster steht. Über Archivarbeit und Experteninterviews wird das Projekt diese Entwicklungen nachzeichnen und damit einen Beitrag zur Frage der kulturellen (Rück-)Übersetzung und Bestandteilen der Japanertheorien in praktischen Feldern leisten.

Sh. Shimada, J. Spisa, L. Lewerich, K. Fujiwara und C. Spoden (HHU Düsseldorf)  
K. Kuroki, Y. Matsuo, H. Fukuzaki (Kumamoto Gakuen Universität)

Der Umgang mit altersdementen Personen im lokalen Kontext stellt sowohl für Deutschland als auch für Japan ein hochaktuelles gesellschaftliches Problem dar. Durch die zunehmende Verschärfung der Problemlagen der Altersdemenz wird immer deutlicher, dass es weder allein in der Familie noch allein in Pflegeheimen zu lösen ist. Die lokalen Gemeinschaften sind nun herausgefordert, dieses Problem anzunehmen und von sich aus Lösungsmöglichkeiten zu generieren. 
Ziel des interdisziplinär-internationalen Forschungsprojektes ist es, durch empirische Forschung in Pflegeeinrichtungen in Düsseldorf und Fukuoka soziokulturelle Hintergründe für unterschiedliche Umgangsweisen mit altersdementen Personen in Deutschland und Japan herauszuarbeiten und aus kulturvergleichender Perspektive neue Lösungsansätze für den Umgang mit altersdementen Personen im lokalen Kontext zu erschließen. Zudem soll die bisherige Forschung zur Altersdemenz durch kultur- und sozialwissenschaftlichen Ansätze ergänzt werden.

Das Projekt wurde vom DAAD und JSPS unter dem Programm des Projektbezogenen Personenaustauschs (PPP) gefördert.

Publikationen:

Shimada, Shingo; Spoden, Celia; Lewerich, Ludgera (Hg.,2018): Altersdemenz und lokale Fürsorge. Ein deutsch-japanischer Vergleich. Bielefeld: transcript. 

Lewerich, Ludgera (2018): "Demenzpflege zwischen Familie, Pflegeeinrichtung und lokaler Gemeinschaft: das Spezialaltenpflegeheim Takurōsho Yoriai." In: Schad-Seifert, Annette und Kottmann, Nora (Hg.), Japan in der Krise. Wiesbaden: Springer VS. S. 267-293.

M. Mae, K. Hülsmann, S. Klasen, E. Scherer, J. Siep

Die japanische Populärkultur erfreut sich weltweit großer Beliebtheit, besonders unter jungen Menschen. In vielen populärkulturellen Produkten kann man dabei aufschlussreiche neue Ansätze für die sich wandelnden Geschlechterbilder und –modelle erkennen, die für eine wissenschaftliche Untersuchung sehr ergiebig und wichtig zu sein scheinen. Dieses noch kaum systematisch erforschte Gebiet ist das Thema des Projektvorhabens.
Tapfere Kämpferinnen, alleinerziehende Väter, Schulmädchen mit magischen Kräften – in der Welt der japanischen Populärkultur scheinen vielfältige Experimente in der Genderkonstruktion möglich zu sein. Das Experimentieren mit Geschlechterrollen hat sich zu einem regelrechten Merkmal von populärkulturellen Produkten wie Manga (japanische Comics), Anime (japanische Zeichentrickfilme) und terebi dorama (japanische TV-Serien) entwickelt. Die zunehmende Individualisierung von Lebensformen, die derzeit in der japanischen Gesellschaft zu beobachten ist, wird also auch in der Populärkultur aufgegriffen. Trotz der zunehmenden Kommerzialisierung dieser Populärkultur und der damit einhergehenden „Mainstreamisierung“ ist davon auszugehen, dass die Populärkultur ein starkes subversives Potential für den Wandel der Genderkonstruktion besitzt. Gerade in ihrer Ambivalenz, zwischen Progressivität und Konventionalität verortet zu sein, bietet die Populärkultur Raum für vielfältige Interpretationsansätze.
Die japanische Populärkultur motiviert die Rezipienten zur Schaffung eigener Ausdrucksformen – auch und ganz besonders im Bereich der Konstruktion geschlechtlicher Identitäten. Diese neuen geschlechtlichen Identitätskonstruktionen werden einerseits durch die Populär-kultur stark beeinflusst, werden gleichzeitig aber in den populärkulturellen Produkten auch besonders produktiv zum Ausdruck gebracht. Diese Produkte haben also die Doppelfunktion eines „Spiegels“ (gesellschaftlicher Strukturen und Entwicklungen) und eines „Motors“ (der gesellschaftlichen Wandel bewirken kann). 

Zu dem Projekt ist folgendes Buch erschienen: 

Mae, Michiko; Scherer, Elisabeth; Hülsmann, Katharina (Hg., 2016): Japanische Populärkultur und Gender. Ein Studienbuch. Wiesbaden: Springer VS.

Annette Schad-Seifert

In der sozialwissenschaftlichen Forschung über das gegenwärtige Japan existierte bis zum Ende der 1990er Jahre das Bild von Japan als klassenloser Gesellschaft, mit nur geringen Unterschieden zwischen Arm und Reich. Die Standardisierung des Lebensstils der Mittelkassen in breite soziale Schichten wird als wesentlicher Faktor dafür gesehen, dass sich ein „allgemeines Mittelschichtbewusstsein“ (sōchūryū ishiki) in der japanischen Nachkriegsgesellschaft ausbreiten konnte. Seit einigen Jahren zeigen sich in Japan wachsende soziale Unterschiede und dieses Phänomen hat einen Diskurs über Japan als kakusa shakai (Differenzgesellschaft) ausgelöst. 
Das Projekt beschäftigte sich mit der Frage, ob der demographische Wandel selbst das Verschwinden der Mittelschicht verursacht hat oder ob die neuen Formen der Ungleichheit und des sozialen Abstiegs für eine Veränderung im Heirats- und Reproduktionsverhalten sorgen. Auffällig ist der Verlust an sozialer Sicherheit und beruflicher Qualifikation für die jüngere Generation in Japan. Das Projekt betrachtete vor allem die familienbezogenen politischen Maßnahmen der japanischen Regierung und untersuchte den Zusammenhang zwischen der niedrigen Geburtenrate, den Veränderungen in der Familie und im Generationenverhältnis und der Restrukturierung des Arbeitsmarktes.  

Publikationen zum Projekt: 

(2014) Polarisierung der Lebensformen und Single-Gesellschaft in Japan.  In: Malmede, Hans; Kottmann, Nora; Ullmann, Katrin; Osawa, Stephanie (Hg.) Familie, Jugend, Generation - Medienkulturwissenschaftliche und japanwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Springer, S. 15-31.

(2013) „Der Ehemann als Luxusgut“ – Japans Trend zur späten Heirat. In: Gabriele Vogt und Phoebe Holdgrün (Hg.): Modernisierungsprozesse in Japan. Tokyo: Deutsches Institut für Japanstudien / Stiftung D.G.I.A., S. 168-185.

(2010) [Hg. Mit: Shingo Shimada] Demographic Change in Japan and the EU – Comparative Perspectives. Proceedings of the VSJF Annual Conference 2008. Düsseldorf: Düsseldorf University Press. 223 Seiten.

(2008) [Hg. mit: Coulmas, Florian; Conrad, Harald; Vogt, Gabriele] The Demographic Challenge: A Handbook about Japan. Leiden, Boston: Brill. 1199 Seiten.

(2007) Japans Abschied von der Mittelschichtgesellschaft: Auflösung des Familienhaushalts oder Pluralisierung der Lebensformen?. In: Peter Backhaus (Hg.), Japanstudien 19 Familienangelegenheiten. München: Iudicium, 2007, S. 105-128.

(2006) Working Paper 06/4
Coping with Low Fertility? Japan’s Government Measures for a Gender Equal Society. Tokyo: Deutsches Institut für Japanstudien / Stiftung D.G.I.A. 30 p.

(2006) Working Paper 06/1
Japans kinderarme Gesellschaft – Die niedrige Geburtenrate und das Gender-Problem (Japan’s low fertility society – The falling birthrate and the problem of gender). Tokyo: Deutsches Institut für Japanstudien / Stiftung D.G.I.A. 40 p. 

 

Verantwortlichkeit: